Ein echter Klassiker ist 50 geworden – die BIANCA 27!
Artikel veröffentlicht 2016 im "Classic-Sailor" sowie im Magazin "Der Ostseekipper"
1966 wurde in Rudköbing die erste BIANCA27 zu Wasser gelassen – der Startpunkt einer großen Erfolgsgeschichte.
Sicher gibt es schnellere Segelyachten, Yachten mit einem größeren Platzangebot, Yachten die bessere Am-Wind Segeleigenschaften haben – aber wer eine solide Fahrtenyacht mit hervorragenden Segeleigenschaften, gutmütigem Seeverhalten, Stehhöhe und solider Bauqualität zu einem günstigen Preis sucht kommt an der BIANCA 27 einfach nicht vorbei.
Rückblick:
Als Holger Leth-Christensen seinen Bruder Sven-Åge im Jahre 1964 bat ein Boot zu zeichnen, welches man in dem neuen Werkstoff GFK bauen konnte, wurde im Jahre 1965/66 ein Prototyp aus Holz gebaut. Die Christensens waren echte Bootsbauer und so sollte dieser Prototyp nicht einfach ein Positiv für die Bauform sein, sondern eine richtige Yacht, auf Spanten gebaut und mit Mahagoni beplankt. Diese Bau-Nr. 0 wurde dann für den Bau der Formen verwendet und nachfolgend fertig gestellt um verkauft zu werden. Es war ein ausgesprochen hübsches Boot. Weißes Freibord, Teakdeck, Mahagoniaufbauten und ein weißes Kajütdach. Ein Mast aus Silverspruce, der in dieser Form auch bei den ersten GFK-Bianca 27 Verwendung fand. Als die Serie anlief und die ersten GFK-Bianca 27 die Werft verließen, stand Bau-Nr. 0 noch in der Halle. Es dauerte ein wenig bis sich ein Käufer fand. Das Boot wurde vom ersten Eigner nach København versegelt und er behielt es etliche Jahre. Die GFK-Schwestern wurden für die Werft ein riesiger Erfolg. Die Nachfrage war bis in die siebziger Jahre konstant. 1976 wurde die Produktion der 27 dennoch eingestellt. Neuere Typen konnten zu dieser Zeit schon rationeller, also kostengünstiger gebaut werden. Dennoch gab es laufend Anfragen nach der guten alten Bianca 27. Da die Formen noch existierten, wurden im Jahre 1979 noch einmal 7 Boote gebaut und von einem lokalen Bootsbauer ausgebaut. Eine Ära war zu Ende gegangen.
Die Baunummer 0 ist inzwischen wieder aufgetaucht und befindet sich mittlerweile im Besitz des dänischen Sportbootmuseums in Svendborg (Danmarks Museum for Lystsejlads). Dort soll sie restauriert und für die Nachwelt erhalten werden. Damit ist die Bau-Nr. 0 offiziell anerkannt als erhaltenswertes Zeugnis dänischer Bootbaukunst.
Kay von Eitzen – Eigner der Bianca27 – Baunr.340 „Holnis“ – und Søren Stidsholt Nielsen, Eigner der Bianca27 Baunr. 410 „Bianco“ haben einen Freundeskreis von BIANCA 27-Eignern aufgebaut. Von den ca. 600 gebauten Bianca27 sind mittlerweile über 180 Yachten auf der sehr informativen Webseite www.bianca27.net registriert.
Viele Eigner treffen sich jährlich im Winter in Flensburg und zu Himmelfahrt in Höruphavn auf der Insel Als zum Erfahrungsaustausch und gemütlichen Beisammensein.
Im Jahr 2016 hat anlässlich des 50. Geburtstages der ersten Bianca27-Yachten ein großes Jubiläumstreffen am „Geburtsort“ Rudköbing mit 25 Schiffen stattgefunden.
„In Finish, Ausstattung und Verarbeitung gehört die Bianca zur gehobenen Klasse des Yachtbaus“ schrieb die YACHT anlässlich eines Bootstest im Jahr 1970 / Heft 12.
Auch nach 40-50 Jahren die alle Bianca 27 auf dem „Kiel“ haben, überzeugt die gute Qualität von Rumpf und Ausbau. Auch bei Seegang lassen sich Schapp-Türen problemlos öffnen und schließen, nichts knarrt und das Schiff gibt Skipper und Crew ein absolut sicheres Gefühl. Ob man das bei den „schwimmenden Wohnwagen“ aus der heutigen Großserienfertigung auch in 40 – 50 Jahren sagen kann vermag ich zu bezweifeln.
Das Innenleben
Die Kajüte ist sehr zweckmäßig eingerichtet. Die XXL-Vorschiffskoje bietet deutlich mehr Platz als auf vielen wesentlich größeren Yachten und ermöglicht erholsamen Schlaf.
Dahinter befindet sich an Backbord ein großer Schrank und an Steuerbord eine Seetoilette, ein Waschbecken sowie ein kleiner Schrank für die Toilettenartikel.
Im Salon befinden sich 2 bequeme Kojen die nach Hochklappen der Rückenlehnen ausreichend breit werden, viele Schapps sowie eine sehr funktionale Pantry mit Kocher, Spüle und 2 Kühlfächer, von denen eines bei den meisten Bianca´s inzwischen zu einem Kühlschrank umgebaut worden ist.
Durch die klassische Rumpfform mit S-Spant und langem Kiel gibt es auch noch viel Stauraum in der tiefen Bilge, unterteilt in 3 Sektionen. So lassen sich hier Getränke und Essensvorräte optimal lagern.
Die großen Salonfenster vermitteln schon fast das Gefühl in einem Decksalon zu sitzen und nicht in einem „Keller“ wie in vielen modernen Yachten.
Probleme wie Delamination, weiche Stellen im Deck o.ä., die bei einzelnen Biancas auftreten, haben ihre Ursache aber immer in der fehlerhaften Montage zusätzlicher Ausrüstungsgegenstände durch einen der Voreigner und sind nicht konstruktiv bedingt.
Die Bianca 27 auf See
Auf See bewährt sich die Bianca 27 allemal. Aufkreuzen gegen eine kurze steile Ostseewelle ist sicherlich aufgrund des fülligen Vorschiffs kein großes Vergnügen, aber sobald man einen kleinen Schrick in den Schoten hat läuft die Bianca 27 unbeirrt ihren Kurs. Der lange Kiel und das relativ hohe Gewicht vermitteln das Gefühl auf einem wesentlich größeren Schiff zu segeln.
Auch lange Schläge machen auf der Bianca 27 Spaß. Das Cockpit sowie die Anordnung der Beschläge sind absolut seegerecht. Ob mit Crew oder Einhand – die BIANCA 27 ist ein gutmütiger Segler der auch stärke Böen problemlos „wegsteckt“. Durch den schlanken S-Spant legt sich die BIANCA 27 schnell auf die Seite, erreicht dann aber schnell ihre große Endstabilität. Die Pinne kann ruhig mal einen Moment losgelassen werden – der Langkieler segelt geradeaus unbeeindruckt weiter. „Sonnenschüsse“ kennt ein BIANCA 27 - Eigner nur vom Hörensagen, so etwas ist diesem Klassiker absolut fremd.
Und wenn man nach einem langen Segeltag erst spät abends den nächsten Hafen erreicht, braucht man sich um einen guten Liegeplatz keine großen Sorgen machen. Aufgrund der geringen Breite von nur 2,45 m und nur 1,40 m Tiefgang findet sich fast überall noch eine Lücke in die man schlüpfen kann.
Der Sympathie-Faktor
Selbst nach 40 – 50 Jahren findet man in fast jedem Hafen an der dänischen und deutschen Ostseeküste noch mindestens eine Bianca 27.
Und zu guter Letzt hat die BIANCA 27 auch noch einen großen Sympathiefaktor. Wenn wir mit unserer KAIPUU, der BIANCA 27 mit der Baunummer 473, unterwegs sind werden wir sehr oft auf unser schönes Schiff angesprochen. Viele Segler haben eigene Erinnerungen an die BIANCA 27 weil sie entweder selbst einmal Eigner einer solchen Yacht waren und sich gerne an diese Zeit zurückerinnern oder weil sie als Kind oder Jugendlicher mit Eltern oder Verwandten ihre ersten Törn Erfahrungen auf diesem echten Klassiker gesammelt haben.
Wer bereits Eigner einer BIANCA 27 ist oder einer werden möchte findet unter www.bianca27.net interessante Informationen und über den GFK-Klassiker e.V. www.gfk-klassiker.de gute Kontakte zu anderen BIANCA27-Seglern.
Karsten Dreyer
SY – KAIPUU
BIANCA 27 #473
2. stellv. Vorsitzender des GFK-Klassiker e.V.
Freundeskreis der BIANCA 27 - Eigner
Es gibt einen großen Freundeskreis der BIANCA 27 - Eigner, der von Kay von Eitzen (Eigner der Holnis) ins Leben gerufen wurde.
Jährlich treffen wir uns im Frühjahr zum Grünkohlessen in Flensburg und zu Himmelfahrt mit unseren Schiffen in Höruphavn und/oder Sonderburg zum gemütlichen Beisammensein und Erfahrungsaustausch.
Infos zum Freundeskreis gibt es auf der Webseite www.bianca27.net