Fünen rund im Rahmen der Silverrudder 2015

2015 - Teilnahme an der Silverrudder

Der etwas andere Törn – kurz und knackig


Nachdem uns der 3-wöchige Sommertörn mit der KAIPUU von Kiel über Gedser, Hiddensee und Rönne nach Christiansö und über Hammerhus, Ystadt, Klintholm, Omö, Strynö und Marstal zurück nach Kiel gemütlich und mit vielen Hafentagen versehen war wollte ich im September noch eine neue seglerische Herausforderung angehen: Fünen rund, nonstop und einhand...

Zunächst mal die Zahlen: in 4 Segeltagen 241,6 sm, davon 92,5% unter Segeln.

(zum Vergleich unser 3-wöchiger Sommertörn: 478,7 sm, davon 61% unter Segeln)


Mit 300 Teilnehmern (im Jahr 2015) ist die Silverrudder mitlerweile die größte Einhand-Regatta der Welt. Daran teilzunehmen reizte mich, seitdem ich vor 2 Jahren das erste Mal von dieser Veranstaltung gehört hatte - auch wenn ich kein Regattasegler bin und die KAIPUU keine Rennziege ist. 


Aber bei der Silverrudder ist sowieso alles anders. Das Spektrum der teilnehmenden Yachten ist extrem - vom Strandkatamaran über 18 Fuss Jollenkreuzer, normale Fahrtenyachten bis hin zum Hochsee-Racer und einigen Multihulls, ist hier alles vertreten, was man auch sonst auf der Ostsee antreffen kann. Da konnte eine Bianca27 also nicht ganz verkehrt sein.


Schon die Anreise nach Svendborg verlief vielversprechend. Bei idealen SE 4-5 bin ich am Mittwoch den 16. September 2015 um 05.00 Uhr aus Schilksee ausgelaufen. Zunächst unter Genua, dann unter Vollzeug ging es mit 5-6 kn Richtung Marstal. Traumhaftes segeln mit Rumpfgeschwindigkeit, auch starke Bewölkung und zeitweise Regen konnten den Spaß nicht verderben. Zeitweise frischt es auf gute 5-6 Bft. auf. Nach 9 Stunden 10 Minuten und 49 gesegelten Meilen machte ich dann kurz nach 14.00 Uhr im Hafen von Svendborg fest.

Hier kam jetzt schon Regatta-Atmosphäre auf. Ungefähr ein Drittel der 300 teilnehmenden Yachten war bereits da und laufend liefen weitere Yachten ein. Die exzellente Organisation des Svendborg Amatør Sejlklub sorgte dafür, dass alles reibungslos ablief.

Jetzt ging es erst mal zur Registrierung. Ausfüllen des Fragebogens über die Vollständigkeit der Sicherheitsausrüstung, Aufkleben der Startnummern am Rumpf und das Studium der Regatta Anweisungen ließen den Nachmittag im Fluge vergehen.

Donnerstag war erst mal ausschlafen angesagt – dann verproviantieren und letzte Arbeiten an der KAIPUU. Mein Proviant hätte sicherlich auch für Jütland-Rund gereicht, aber etwas mehr Ballast führt ja zu ruhigeren Schiffsbewegungen. Hier wurde dann auch die große Bandbreite der Teilnehmer sichtbar. Von der stäbigen Fahrtenyacht wie unserer KAIPUU, einer Bianca 27, bis zu reinen Racern wie den POGOS und diversen Trimaranen war fast alles vertreten, was man in den Yachthäfen der Ostsee antrifft.

Auch der sehr unterschiedliche Ehrgeiz der Teilnehmer wurde hier deutlich. Während ich auf der Kaipuu unsere komplette Fahrtenausrüstung, volle Diesel- und Wassertanks sowie ausreichend Proviant für eine Langfahrt an Bord hatte, schleppten anderen Polster, Kocher, Werkzeug und alles was nicht unbedingt zum Segeln erforderlich war von Bord.

Für die Regatta war viel Wind angesagt, und daher habe ich noch einmal einen gründlichen Check von Boot und Rigg durchgeführt.

Abends bei der Skipperbesprechung gab es wichtige Informationen für den Ablauf der Regatta, die von Svendborg aus gegen den Uhrzeigersinn rund um Fünen gehen sollte. Vom Wettfahrtleiter bekamen wir noch die wichtige Erkenntnis mit auf den Weg, dass eine Regatta von über 130 Seemeilen Länge nicht auf der Startlinie gewonnen wird – und alle aufgrund des engen Fahrwassers und des zu erwartenden Starkwindes Nachsicht walten lassen sollten.

Das einige dieses nicht richtig verstanden haben wurde dann am nächsten Morgen deutlich.

Am Freitag klingelte der Wecker wieder früh um 06.00 Uhr – dann Kampf um eine der für 300 Segler doch recht wenigen Waschkabinen und anschließend zum

gemeinsamen Frühstück in die Halle des Veranstalters. Hier war jetzt schon bei den meisten Seglern Nervosität spürbar, zumal südwestliche Winde 5-6, in Böen

7-8 angesagt war.

Um kurz vor 08.00 Uhr ging es dann endlich los. Vorher musste noch das Tracking-Gerät angestellt werden, mit dem jeder Teilnehmer ausgestattet wurde, damit die Kurse auf der Webseite der Silverrudder-Regatta verfolgt werden konnten.

Mit der KAIPUU war ich in der Startgruppe 2 – Start um 08:30 Uhr. Unter Maschine ging es erst mal gegen den Wind an der Startlinie zwischen dem Svendburger Rundhafen und Vindeby vorbei in der Bereich der Brücke zwischen Svendborg und Tasinge auf Warteposition. Genau jetzt zog noch mal eine Front mit guten 7-8 Bft. durch. Hier mussten die ersten Skipper erfahren dass es neben dem Fahrwasser sehr flach ist. Allein aus meiner Startgruppe saßen schon vor dem Start über 10 Yachten auf Schiet, die meisten wurden aber noch rechtzeitig von den Begleitfahrzeugen wieder freigeschleppt.

Um bei dem Gewimmel schnell reagieren zu können bin ich zum Start nur unter gerefftem Groß gesegelt – aber auch das reichte schon fast für Rumpfgeschwindigkeit und zahlte sich dann auch schnell aus. Einige an sich deutlich schnellere Yachten wie z.B. 2 J80 konnte ich nach dem Start überholen – da diese mit zuviel Segelfläche in einer Bö anluvten, aus dem Fahrwasser kamen und dann gleich richtig fest saßen – und schon war für sie die Regatta vorbei.

Kurz nach dem Start zog sich das Feld aber schon auseinander, und so konnte ich die Genua mit einem Reff zusätzlich ausrollen. Mit Rauschefahrt ging es weiter im Fahrwasser zum Thurö Rev, und von hier konnte ich den Kurs dann auf die Große Beltbrücke absetzen.

Jetzt kamen langsam von hinten die größeren Yachten auf die – im ½ Stunden Takt - nach uns gestartet waren. Mit gerefftem Groß und der gerefften Genua lief die KAIPUU ständig über Rumpfgeschwindigkeit – hatte aber keine Chance gegen die Racer und Cruiser-Racer die teilweise mit Gennaker oder sogar Spi vorbeirauschten.

Kurz vor der Brücke zog die heftigste Front des Tages durch. Innerhalb weniger Sekunden ging der Wind von 5 Bft auf 7-8, in Böen 9 hoch und es schüttete wie aus Eimern. Ohne Vorsegel und mit 2-fach gerefftem Groß hat die KAIPUU das aber auch gut gemeistert – anders als einige der anderen Yachten die ihren Spi nicht rechtzeitig runterbekommen haben und in die Sonne schossen.

Genau unter der Große Belt Brücke kam von achtern ein Dragonfly 28 auf. Im Windschatten unter der Brücke „parkte“ er kurzzeitig neben mir ein, um dann beim ersten Windhauch nach der Brücke wie ein Formel 1 Wagen los zu sprinten. Ist schon eine andere Welt als so ein gemütlicher Langkieler…

Wie ich nach der Regatta erfuhr hatte sich ein anderer Dragonfly 28 bereits im Svendburg-Sund regelrecht zerlegt. Er war im Surf mit dem Lee-Schwimmer in eine Welle eingetaucht, hatte sich überschlagen und beim nachfolgenden Bergemanöver ist dann zunächst der Mast gebrochen und anschließend ein Schwimmer. Nur ein kleiner Hinweis darauf welche Wetterbedingungen alle Teilnehmer zu meistern hatten.

Nach dem Passieren der großen Belt-Brücke um 13:15 Uhr ging es weiter an der Küste entlang gen Norden, an Kerteminde vorbei und bei herrlichem Sonnenschein bescherte auch der Nachmittag wunderbares Segeln.

Um 17.00 Uhr hatte ich endlich die Nordspitze von Fünen erreicht und bei Lille Grund ging es jetzt hoch an den Wind. Jetzt war es mit der traumhaften Rauschefahrt erst einmal vorbei.

Raumschot und Halbwind-Kurs mit durchschnittlich 5-6 Bft. und wenig Welle ist wie gemacht für die KAIPUU, aber aufkreuzen gegen 1-2 m hohe Welle und gegen Strom ist nicht gerade unsere Königsdisziplin – aber da mussten wir halt durch.

Im Laufe des Abends ließ aber der Wind etwas nach und so kam zuerst das Reff aus der Genua und gegen Mitternacht auch aus dem Großsegel. Langsam ging

es gegen Wind und Strom in den kleinen Belt. Gegen 3.00 Uhr hatte der Wind

mittlerweile auf 2 Bft. abgeflaut, aber zum Glück war auch der Strom gekentert

und lief jetzt mit uns. Während ich jetzt ungefähr 2/3 der Distanz hinter mir hatte, waren die ersten Yachten längst im Ziel.

Im Fahrwasser vor Fredericia wurde es etwas gespenstisch, als in der stockfinsteren Nacht von hinten ein Frachter aufkam, von vorne ein Schlepper und die KAIPUU aufgrund des schwachen Windes nur noch dahinschlich.

Sicherheitshalber habe ich mich an den Rand des Fahrwassers verkrochen und bin in kurzen Schlägen aufgekreuzt. 

Mitten in der Nacht machte mein Plotte auch kurzzeitig schlapp - wie Ihr sehen könnt genau um 0:52 Uhr - und musste neu gestartet werden, daher der 2-teilige Plot.

In den großen Strudeln die im Bereich der kleinen Belt-Brücke auftreten war die KAIPUU kaum noch manövrierfähig, nur langsam kamen wir da wieder raus. Um 05:30 Uhr haben wir dann endlich die Autobahnbrücke über den kleinen Belt passiert.

Von hier ging es im Schneckentempo weiter und um 05.55 Uhr sind wir unter der Eisenbahnbrücke mehr durchgetrieben als gesegelt. Ohne die jetzt kräftig mitlaufende Strömung hätten wir hier keine Chance gehabt. Wind mittlerweile W1, viel zu wenig, um mit der KAIPUU aufzukreuzen.

Um 07:00 Uhr waren wir dann endlich aus dem Fahrwasser raus und konnten abfallen auf Kurs SE.

Zeitweise frischte der Wind dann noch auf 2 Bft auf und mit Groß und Blister ging es jetzt Faenö, Riserö und Bransö vorbei nach Bagö. Kurz hinter Bagö war es mit dem Wind nun gänzlich vorbei. Mittlerweile was es 13.00 Uhr und noch ca. 30 sm zu segeln, und die Batterie war bereits an ihre Kapazitätsgrenze gekommen. Ohne elektrischen Pinnenpiloten weiter zu segeln, wäre zwar anstrengend aber machbar, ohne Navigationsinstrumente und vor allem ohne Positionslaternen bei Nacht aber gefährlich.

Laut Wettervorhersage sollte der Wind erst gegen 18.00 Uhr  wieder zunehmen – und damit wäre eine 2. Nachtfahrt unvermeidbar geworden – denn immerhin war es schon Mitte September und Neumond.

Daher musste jetzt eine Entscheidung gefällt werden. Legal und regelkonform konnte ich die Regatta nicht mehr beenden. Ich hätte jetzt durch die Maschine die Batterie wieder laden können um für die Nacht genügend Strom zu haben – aber das war, auch im Leerlauf, nicht erlaubt. Und ohne Beleuchtung nachts durch die dänische Südsee in den Svendborg Sund zu segeln, wäre aus meiner Sicht unverantwortlich.

Schweren Herzens entschloss ich mich um 13.10 Uhr die Regatta zu beenden, meldete mich telefonisch bei der Regattaleitung ab und machte mein Tracking-Gerät aus.

Bei totaler Flaute ging es jetzt unter Maschine die letzten 12 sm nach Lyö. Gerade fest am Steg wurde ich dort von der Crew der Lyngsletten begrüßt und im Laufe des Nachmittags liefen noch 4 weitere Yachten des GFK-Klassiker Vereins ein - fast schon ein Klassiker-Treffen...

Nach einem kurzen Bad in der Ostsee, einer heißen Dusche und 2 Bieren fiel ich um 19.00 Uhr nach jetzt 37 Stunden ohne Schlaf todmüde in die Koje.

Am Sonntag war der Wind da, den ich am Samstag dringend gebraucht hätte – NW 6. Jetzt ging es – wieder mit Rauschefahrt – nur unter Genua mit durchschnittlich 6 kn zurück nach Schilksee, wo ich um 16.40 Uhr zurück an unserem Liegeplatz war.

Ich war zwar etwas enttäuscht dass ich die Regatta nicht beenden konnte, aber traumhafte, anspruchsvolle Segeltage lagen hinter mir.

In 4 Tagen einhand von Schilksee aus rund um Fünen zu segeln hat Riesenspaß gemacht. Ähnliches werde ich in der kommenden Saison sicherlich wiederholen – es muss dann aber nicht im Rahmen einer Regatta sein. Die BIANCA 27 ist kein Regattaschiff und ich kein Regattasegler, aber meine Lust auf "Langstrecke“ und  "Nachtsegeln" ist wieder geweckt worden.


Karsten Dreyer mit der SY KAIPUU